Interview mit Stefan Burger

Alexandra Blättler

Lieber Stefan, die Berner Stiftung KUNST HEUTE besitzt von Dir die Arbeit „Kollaps" aus dem Jahr 2006, die sich zwischen Fotografie, Video und Installation bewegt.

Was bedeutet dir selber diese spezifische Arbeit? Wie bettest Du sie in Deinem übrigen Werk ein?

 

Stefan Burger

Die Arbeit bedeutet mir sehr viel! Es war die letzte Arbeit die ich im Genoveser Studio Zurigo 2006 umgesetzt habe. Ich habe mit diesem Zusammenbruch meine dortigen Zelte abgebrochen.

Während meiner Genoveser Zeit sind einige Arbeiten entstanden, denen als Hauptanliegen die eigene Auflösung und eine miteinhergehende konzeptuelle Morschheit zugrunde liegt. Zum Beispiel auch: ein fotografische Serie von temporär schräg an Hauswänden angelehnten morschen Stöcken. Dicke, Dünne, Lange, Kurze. Obwohl mit der Funktion versehen, Autofahrer am Parken zu hindern, ist die vordergründig banale Handlung, vorübergehend einen morschen Stock anzulehnen, sehr poetisch.

 

Alexandra Blättler

Ist sie je auf ihre Art und Weise bezeichnend für einen spezifischen Punkt in Deinem künstlerischen Ausdruck?

 

Stefan Burger

Ja. Alle Bestandteile von ‚Kollaps' sind Müllfundstücke, wie man sie in den Viccoli der Genoveser Altstadt an den Abfallsammelstellen finden kann. Ein Pressspanbrett mit ausgesägter Öffnung für eine Küchenspüle, der Blechdeckel einer Tonne, ein Regalbrett aus Leichtbauholz, vermutlich aus einem Boot, eine echte Genua-Arbeit.

 

Alexandra Blättler

Was nimmt sie innerhalb deines bisherigen „Gesamtwerkes" für eine Stellung ein?

 

Stefan Burger

Sie ist meine allererste Videoarbeit!

 

Alexandra Blättler

Diese Arbeit ist nun bereits schon wieder ein paar Jahre alt. Wie hat sich Dein Schaffen seither entwickelt? Was interessierte Dich damals, und was heute? Siehst Du eine Entwicklung darin oder stehst Du heute an einem ganz anderen Punkt mit Deinen Arbeiten?

 

Stefan Burger

Manche Anliegen haben sich um- oder weiterentwickelt, andere sind die gleichen geblieben.

Eine Ästhetik des Vorrübergehenden in der künstlerischen Ausstellungspraxis wird mich wahrscheinlich solange beschäftigen, wie die künstlerische Ausstellungspraxis vorübergehend bleibt. Aufbauen-Abbauen. Aber auch eine vorherrschende retro-materialistische Tendenz in der gegenwärtigen Kunstproduktion reizt mich gelegentlich dazu, Auflösungsmechanismen in meine Arbeit mit einzubauen, zumindest mitzudenken.

 

Alexandra Blättler

Was interessiert Dich persönlich zurzeit? Welche künstlerischen Entwicklungen, national und international, interessieren Dich und verfolgst Du bewusst?

 

Stefan Burger

Ich versuche (ohne dabei seekrank zu werden) allgemein mitzuschneiden, was passiert, was gemacht wird. Welcher Krebberschüler gerade gemobbt wird und welcher nicht, und wer sonst noch so alles beleidigt ist und/oder ganz besonders kritische Kunst macht oder den kommenden Aufstand aquarelliert ist mir allerdings wurst. Inspiration und die Möglichkeit meine Arbeit konstruktiv auszubauen, finde ich grundsätzlich in anderen Feldern.

 

Alexandra Blätter

Gibt es Strategien im Aufbau und Verlauf wie du Deine Karriere plantest?

 

Stefan Burger

Ich versuche meine Arbeit auf/richtig zu machen.

 

Alexandra Blättler

 Sind diese ursprünglichen Strategien auch noch Deine heutigen Strategien?

 

Stefan Burger

Ja.

 

Alexandra Blättler

Hat sich etwas verändert was Deine Ansprüche an das Kunstsystem angeht? Bist du relaxter geworden?

 

Stefan Burger

Von Relaxation kann ja fast nie die Rede sein, ständig ist man auf Kooperationspartner angewiesen, dauernd muss man liefern. Ich kenne leider fast keinen Künstler heute, der von seinem Grundrecht auf Faulheit Gebrauch macht.

 

Alexandra Blättler

Wo hast du Dich vor 10 Jahren heute gesehen? Und bist Du ca. dort wo Du sein wolltest?

 

Stefan Burger

Ich mache keine 10 Jahrespläne, ich handle situativ.

 

Alexandra Blättler

Oder denkst du, dass du eher unbewusste Strategien hattest und immer noch hast?

 

Stefan Burger

Ich verfüge über äusserst bewusste Strategien, welche natürlich einer internen Logik folgen. Eine beherrschte Karriereplanung hat sich diesem System zugunsten der Kunst selbstverständlich unterzuordnen.

 

Alexandra Blättler

Was denkst Du über die aktuelle Schweizer Kunstszene? Interessiert diese Dich überhaupt?

 

Stefan Burger

Isch Tip-Top.

 

Alexandra Blättler

Ein Blick in die Zukunft: Wo siehst du Dich in 10 Jahren?

 

Stefan Burger

Wie gesagt, ich mache keine 10-Jahrespläne

 

Dezember 2011